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Drohnen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit – nicht nur privat, sondern auch im beruflichen Kontext. Es wird geschätzt, dass in ganz Österreich derzeit bereits rund 100.000 Drohnen im Einsatz sind. Am 1. Januar 2021 sind neue EU-Vorschriften in Kraft getreten, die den Drohnen-Luftverkehr in allen EU-Mitgliedsstaaten vereinheitlichen. Gleichzeitig wurde für einzelne bisherige nationale Bestimmungen eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2022 eingeräumt.

 

Für Drohnenhersteller, -anwender und -Piloten haben diese neuen Vorschriften große Veränderungen mit sich gebracht. Laut EU-Verordnungen EU 947/2019 und EU 945/2019, die den Betrieb von unbemannten Fluggeräten in Anlehnung an das Luftfahrtrecht regeln, werden Drohnen nun in neue Kategorien eingeteilt. Die Einteilung erfolgt abhängig davon, welche Risiken sie in der Luft und am Boden in Bezug auf mögliche Kollisionen mit den Menschen bzw. in Bezug auf Gefahren für kritische Infrastruktur sowie für andere Flugobjekte darstellen. Mit den EU-Verordnungen wird die zulässige Flughöhe und der einzuhaltende Abstand zu Menschen geändert, eine Registrierungspflicht eingeführt und neue Vorschriften für die Ausbildung von Drohnenpiloten erlassen.

 

Darüber hinaus wurden rechtliche Eckpunkte in folgenden Bereichen festgelegt:

  • Registrierung der Betreiber in einer Datenbank samt Registrierungsnummer, die am Fluggerät anzubringen ist
  • Geo-Sensibilisierung – Warnfunktion bei potenzieller Verletzung von Luftraumgrenzen
  • Direkte Fernidentifikation mittels Luftfahrzeug-Positionsverfolgung
  • Einsatz elektronischer Echtzeitkommunikation
  • Ausbildung bzw. Nachweis von Kenntnissen (Fernpilot) per Online-Test:
    Wer Drohnen über 250 g Gesamtgewicht pilotieren will, muss – zusätzlich zur Registrierung – einen Online-Lehrgang mit anschließender Online-Prüfung (40 Multiple-Choice-Fragen) absolvieren. Für Drohnen der Klasse C2 (mehr als 900 Gramm) ist überdies eine Theorieprüfung mit 30 Multiple-Choice-Fragen verpflichtend. Sowohl der Lehrgang als auch die Theorieprüfung können bei Austro Control absolviert werden.
  • Festlegung von „No-Drone-Zones“ durch die Mitgliedstaaten: Definition von Gebieten, in denen absolut keine Drohnen zugelassen werden (z. B. Flughäfen und deren Umgebung)

 

„Open“, „specific“ oder „certified“?

Nach den neuen Vorschriften wird der Betrieb von Drohnen in drei Kategorien eingeordnet: „open“, „specific“ oder „certified“. Parallel zur Festlegung der Betriebskategorien müssen Drohnen vom Hersteller mit einer CE-Kennzeichnung versehen und mit Klassen-Identifizierungskennzeichen in die Klassen C0 bis C4 eingeteilt werden, siehe Tab. 1. Die für den typischen Anwender von Drohnen infrage kommende Betriebskategorie „open“ wird weiter in drei Unterkategorien aufgeteilt: A1, A2 und A3. Für alle Flüge in der Kategorie „open“ muss ohne technische Hilfsmittel ein ununterbrochener Sichtkontakt zum Fluggerät gegeben sein.

Drohnen-Klassifizierung nach EU-Verordnungen gültig seit 1. Januar 2021

Beispiele für Flugbetrieb im Außenbereich

Derzeit findet man in mehreren Ländern Drohnen mit Flügeln im Einsatz. In afrikanischen Ländern (z. B. Ghana, Nigeria, Kamerun, usw.) werden diese zum Beispiel für den Transport von Medikamenten aus einem Verteilerzentrum zu den Spitälern verwendet. Eine solche Drohne wird von zwei kleinen Propellern elektrisch angetrieben und hat eine Reichweite von 160 Kilometern. Der Einsatz solcher Drohnen-Systeme ist insbesondere für Notfälle sowie für schlecht erreichbare bzw. abgelegene Orte, Inseln oder wenig besiedelte Bergregionen für eine Traglast bis 1,8 kg sinnvoll.

 

Im Außenbereich haben sich Drohnen in einigen Branchen besonders gut etabliert – hier einige Beispiele:

  • Tourismus und Immobilienverkauf nutzen zum Beispiel interessante Perspektiven einer Luftaufnahme für Werbefilme oder bieten Touristen mittels VR-Brillen Kameraflüge durch interessante, schöne Schluchten an.
  • Baustellen (Gebäude, Brücken, usw.) können überwacht, kontrolliert und dokumentiert werden.
  • Die Vermessung von unwegsamem Gelände ist möglich, um Karten zu erstellen, um Schneetiefen zu errechnen und um Lawinengefahren besser einschätzen zu können.
  • Inspektion von Anlagen und Gebäuden
  • Regelmäßige Bestandsaufnahme von Hochregallagern
  • Katastrophenschutz bei Hochwasser, Erdbeben, Unwetter, Waldbrand, usw., um aus der Luft die Lage und das Schadensausmaß einzuschätzen.
  • In der Landwirtschaft werden Reifegrad und Schädlingsbefall der Anbauflächen kontrolliert.
  • In der Forstwirtschaft kann aus der Luft der Wald- und Wildzustand kontrolliert werden.
  • Einsätze von Polizei und Feuerwehr können mittels Luftaufnahmen unterstützt werden.

 

Sicherheit beim Einsatz von Indoor Multikoptern (Drohnen)

Multikopter sind Drohnen mit Propellern, die für den gewerblichen und den privaten Gebrauch genutzt werden und nicht nur im Freien, sondern auch in Hallen eingesetzt werden. Für einen sicheren Umgang mit Indoor-Multikoptern kann aufgrund der Maschinenrichtlinie und des Standes der Technik folgende Definition abgeleitet werden: „Automatisierte Arbeitsabläufe, bei denen rechnergesteuert autonome Multikopterflüge realisiert werden, fallen in das Anwendungsfeld der kollaborierenden Roboter“ [1]. Mit dieser Zuordnung von Multikoptern als Roboter können bei der Entwicklung von Multikoptern und der Auslegung von Multikopter-Systemen die Sicherheitsnormen EN ISO 10218-1/2 herangezogen werden. Ist eine Mensch-Multikopter-Kollaboration geplant, können Kollisionsstellen auf Basis der biomechanischen Grenzwerte in der technischen Spezifikation EN ISO/TS 15066 ausgelegt werden. So wie im Außenbereich virtuelle Sperrzonen um Flugverbotszonen eingerichtet werden, sollen auch bei Indoor-Anwendungen virtuelle Wände Flugkorridore bestimmen und das Luftfahrzeug daran hindern, in bestimmte Sperrräume einzudringen. Eine ähnliche Sicherheitsfunktion haben virtuelle Sicherheitswände bei Industrierobotern und mobilen Robotern, die das Betreten bestimmter Räume verhindern.

 

Indoor-Multikopter sind mit etwas anderen Sensoren ausgestattet als Outdoor-Multikopter und haben unterschiedliche Navigationssysteme integriert. Eine – jedoch eher kostspielige – Möglichkeit wäre, Indoor-GPS in den Hallen einzurichten. Alternativ kann die Navigation aber auch über 3D-Mapping bzw. mittels Orientierung über Marker auf dem Boden oder an der Decke realisiert werden. Indoor-Multikopter werden bereits heute für die Inventur in Hochregallagern, Inspektion von Silos und Rohrleitungen, Produktionsüberwachung usw. eingesetzt. Die Robustheit von Multikoptern erfüllt jedoch noch nicht alle Sicherheitsanforderungen an einen vollautomatischen industriellen Betrieb. Um die Sicherheit von Multikopter-Systemen zu erhöhen, werden in Forschungsprojekten derzeit verschiedene Navigationssysteme, der Einsatz externer Sensoren und die Verwendung leistungsfähiger externer Rechner untersucht.

 

Multikopter für innerbetriebliche Lieferungen

In produzierenden Unternehmen, beim Indoor-Einsatz von Drohnen und im manuellen Betrieb ist der Arbeitsplatz des Piloten besonders stark gefährdet. Durch den ständigen Blick in Richtung Luftfahrzeug ist die Stolpergefahr besonders hoch. Es ist daher notwendig, den Weg für den Piloten im Vorfeld zu planen und frei von Hindernissen, rutschigen Flächen und anderen Gefahren zu halten. Bei manueller Führung des Multikopters muss dem Piloten ein „Spotter“ beigestellt werden. Dabei handelt es sich um eine Person, die die Bewegungen des Piloten beobachtet, und die Flugbahn oder bestimmte Objekte ständig im Auge behält – besonders dann, wenn die Aufmerksamkeit des Piloten zur Kontrolle und präzisen Flugbahnführung erforderlich ist.

Beispiel Multikopter-Handling vom/zum Indoor- über Outdoor-Bereich. Legende: 1 – Flugkorridor, 2 – Außenflug, 3 – Notlandeplatz, 4 – Überdachter Fußgängerweg, 5 – Notgelandeter Multikopter, 6 – Indoor-Flug, 7 – Monitoring Multikopter-Luftverkehr (Grafik: V. Malisa)

Derzeit laufen mehrere Pilotprojekte, die zeigen sollen, wie Multikopter in Produktionsprozesse integriert werden können.

Tipp: Online-Konferenz am 30.06.2021

Rechtliche und normative Grundlagen sowie Praxisbeispiele für den Einsatz von Indoor- und Outdoor-Drohnen in der Arbeitswelt sind Thema einer gemeinsamen Online-Konferenz von AUVA, DGUV und SUVA. Details zur Veranstaltung „Drohnen und deren Einsatz in der Arbeitswelt“ am 30.06.2021 finden Sie hier. Die Teilnahme ist kostenlos.

[1]    DGUV 2020. „Sicherer Umgang mit Multikoptern (Drohnen)“, DGUV Information 208-058, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV)