Am heutigen „Welttag des Purzelbaums“ (27.5.) gehen wir der Frage nach welche präventive Rolle Purzelbäume für den ArbeitnehmerInnenschutz haben könnten.

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Wissen Sie zufällig noch, wann Sie Ihren letzten Purzelbaum gemacht haben? Vermutlich ist das genauso lange her, wie Sie nicht mehr zur Schule gehen. Mag sein, dass Sie gerne daran zurückdenken – aber nicht allen wird die Erinnerung an den letzten Purzelbaum ein Lächeln ins Gesicht zaubern …

 

Der „Purzelbaum“ – fachlich korrekt „Rolle vorwärts“ genannt – gilt als Basisübung für das Boden- und Geräteturnen. Was für die einen eine „kinderleichte“ Übung darstellt, ist für die anderen jedoch eine große Herausforderung. Besonders in pädagogischen Kreisen gibt es seit Jahren eine Diskussion darüber, ob das Üben des „Purzelbaumes“ in elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen nicht zu gefährlich sei.

Evaluierung

Dem Purzelbaum werden auf jeden Fall gewisse positive Effekte zugeschrieben. So bringt die sportwissenschaftliche Schnellanalyse die Rollbewegung um die Querachse im Allgemeinen, und den Purzelbaum im Speziellen, mit der Entwicklung mehrerer koordinativer Fähigkeiten, wie Orientierungsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit und Differenzierungsfähigkeit (vgl. Meinel / Schnabel, 2007), in Zusammenhang.

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Es bleibt lediglich die Frage, ob das Restrisiko einer Verletzung abzuschätzen ist. Übertragen in die Welt des ArbeitnehmerInnenschutzes bedeutet dies nichts anderes, als dass hier eine gründliche Evaluierung durchgeführt werden muss. Die daraus resultierenden Ergebnisse und Maßnahmen werden daher in einem Sportgymnasium anders aussehen als in einem Kindergarten oder beim Erwachsenen-Teambuilding.

 

Auch wenn die Fähigkeit, einen Purzelbaum ausführen zu können, im ArbeitnehmerInnenschutz zugegeben nur eine untergeordnete Rolle spielt, kann die Bewegung an sich schon als Symbol für Motorisches Lernen betrachtet werden. Nimmt man Kindern die Möglichkeit von Bewegung bzw. Bewegungserfahrungen, kann das zu Einschränkungen ihrer kognitiven Entwicklungsfähigkeit führen. Ausreichend Bewegung und ein prall gefüllter Rucksack an Bewegungserfahrungen stellen hingegen sozusagen das Eintrittsticket für eine gute geistige Entwicklung dar, wie die Forschungslage der letzten Jahrzehnte eindeutig zeigt. Der Schluss „Bewegung macht intelligent“ ist aus wissenschaftlicher Sicht aber ein wenig zu allgemein gehalten. Unterschiedliche Untersuchungen zu Ausdauertraining bzw. Ausdauertraining in Verbindung mit Krafttraining zeigen – sowohl bei Kindern als auch bei älteren Personen – deutlich positive Effekte, beispielsweise können sich Personen Dinge besser merken oder zeigen eine erhöhte Aufmerksamkeitsspanne. Dies hängt auch zusammen mit dem Wachstumsfaktor BDNF (Brain Derived Neurotrophic Factor), der durch Bewegung angeregt wird.

 

Weitere positive Effekte entstehen durch die Schulung räumlich kognitiver Fähigkeiten mittels motorischer Trainingsprogramme. Diese Fähigkeiten sind unter anderem notwendig für die Problemlösungsfähigkeit oder den Erwerb mathematischer Fähigkeiten. So konnte zum Beispiel in einer Arbeit von Jansen, Titze & Heil (2009) gezeigt werden, dass durch motorisches Training – in diesem Fall Jonglier-Aufgaben – Objekte mental im Raum besser gedreht und schneller erkannt werden können. Umgelegt auf den ArbeitnehmerInnenschutz würde das bedeuten, dass beispielsweise Bewegungen von Objekten wie Baggerschaufeln, Kranauslegern, Staplern auf Baustellen oder in einer Produktionshalle leichter antizipiert werden können. Durch die bessere räumliche Vorstellung ist es der Person möglich vorwegzunehmen, ob sie sich außerhalb des Gefahrenbereichs befindet oder ob sie Maßnahmen setzen muss, um nicht in Gefahr zu geraten.

Fazit

Bewegung ist gesund. Spezifische Fähigkeiten werden durch die richtige(n) Bewegungsaufgabe(n) verbessert. Die zuvor erwähnte verbesserte Wahrnehmung kann daher langfristig gesehen auch dazu beitragen, Arbeitsunfälle zu vermeiden. Der Frage nachzugehen, ob die räumliche Wahrnehmung durch den Einsatz der Turnübung „Purzelbaum“ im Vorschul- und Schulalter tatsächlich verbessert werden kann, ist Aufgabe der Wissenschaft. Bis dahin kann aber der jährliche „Welttag des Purzelbaums“ genutzt werden, diese Übung aus unserer Kindheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Und er kann ein Anstoß für den praktischen Versuch sein, mit Bewegung und hoffentlich dadurch gesteigerter Wahrnehmung langfristig Arbeitsunfälle zu verringern. Also dann: Viel Spaß beim nächsten Purzelbaum!

Umfrage: „Purzelbaum im Kindergarten“

Sie arbeiten im Kindergarten und möchten Ihre Meinung zu diesem Thema mit uns teilen? Wir freuen uns, wenn Sie an unserer kurzen Umfrage teilnehmen!

Quellen:

  • (1) Jansen, P., Titze, C., & Heil, M. (2009). The influence of juggling on mental rotation performance. Journal of International Sport Psychology, 40, 351-359.
  • (2) K. Meinel / G. Schnabel: Bewegungslehre – Sportmotorik. München (Südwest) 11. Auflage 2007