Als Servicepartner für Prävention ist es uns wichtig zu wissen, mit welchen Herausforderungen verschiedene Branchen zu diesem Thema konfrontiert sind, wie Prävention in der jeweiligen Branche gesehen wird und was aus ihrer Sicht wichtige Entwicklungen für die Zukunft sind. 

(Foto: © Petra Spiola)
In der dritten Ausgabe unseres Formats „Prävention im Talk“ sprechen wir mit Mag. Alexander Winter, CEO DB Schenker Österreich und Südosteuropa und Obmann der Fachgruppe Wien Spedition und Logistik in der Wirtschaftskammer Wien, über seine Erfahrungen und Gedanken zum Thema Prävention.

"PRÄVENTION IM TALK"

DB Schenker bietet als Branchenführer verschiedenste Supply Chain Lösungen an. Wo sehen Sie das größte Risiko in der Lieferkette an einem Arbeitsunfall zu verunglücken – im Landverkehr, in der Luftfracht oder in der Seefracht?

Die Firma DB Schenker ist im europäischen Landverkehr hauptsächlich im Bereich der Spedition tätig. Das heißt, wir vermitteln hauptsächlich Transporte und führen sie selbst nur in Ausnahmefällen durch. An Schnittstellen zwischen Verkehrstransporten, wo Güter zusammenkommen, aussortiert bzw. neu zusammengestellt werden, betreut DB Schenker auch selbst Servicestellen. Das größte Gefahrenpotenzial liegt also bei allen Tätigkeiten, die mit Lager und Warenumschlag zu tun haben. Die Unfälle reichen von kleineren Schnittverletzungen bis hin zu „innerbetrieblichen Verkehrsunfällen“, wie Kollisionen von Personen mit Staplern oder rückwärts einparkenden LKW. Die Zahl der Arbeitsunfälle in unserem Unternehmen ist aber in den letzten Jahren stetig zurückgegangen. Einerseits durch Präventionsmaßnahmen, die sehr gezielt gesetzt wurden, andererseits durch technische Innovationen im Lagerbereich, wie z. B. Sensoren, die warnen, wenn sich ein Stapler aus einem schlecht einsehbaren Bereich nähert.

Was sind die zentralen Herausforderungen in puncto Sicherheit und Gesundheit und auf welche Präventionsaktivitäten setzen Sie in Ihrer Branche?

Die zentrale Herausforderung besteht meiner Meinung nach darin, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Präventionsmaßnahmen zu erreichen. Die Bewusstseinsbildung ist das Schwierigste. Deswegen verfolgen wir bei DB Schenker einen sehr universellen, salutogenetischen Ansatz. Wir möchten ein Mindset schaffen, in welchem die persönliche Gesundheit und Sicherheit an oberster Stelle stehen. Die Präventionsarbeit basiert auf den vier Säulen: Mind – Move – Food – Social. Damit sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motiviert werden, für die eigene Gesundheit aktiv zu werden. Für jede Säule werden im Unternehmen verschiedenste Maßnahmen angeboten, z. B. Vitalcoachings, Begleitungen bei Raucherentwöhnung oder Gewichtsreduktion sowie Burnout-Prävention. Daneben gibt es viele Bewegungsangebote, wie Lauftreffs, Yoga, etc. Die Angebote sind kostenlos und die Teilnahme wird der Belegschaft an Tagesrandzeiten bzw. teilweise auch während der Arbeitszeit ermöglicht.

 

Wie vorhin kurz angesprochen, setzen wir in der Prävention von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen aber auch auf moderne Techniken und versuchen da immer „up to date“ zu sein. Derzeit testen wir in einem Pilotprojekt hydraulische Körperanzüge, sog. „Exoskelette“: Diese werden am Oberkörper angelegt und unterstützen Bewegungsabläufe beim Umgang mit (schweren) Lasten, sodass die körperliche Beanspruchung beim Heben und Tragen möglichst gering bleibt. Noch gehören die Anzüge nicht zur Standardausrüstung, aber hier gibt es viel Potenzial, wie man Tätigkeiten mit monotonen Bewegungsabläufen gesundheitsförderlicher gestalten kann.

 

Ein weiteres Beispiel, das mittlerweile standardmäßig eingesetzt wird, sind verschiedene technische Sicherheitseinrichtungen auf Staplern. Diese geben akustische oder visuelle Signale, sodass durch Kollisionen verursachte Unfälle verhindert werden können. In der Ausbildung von Staplerfahrerinnen und -fahrern verwenden wir Simulatoren, um Risiken und Gefahren, wie z. B. tote Winkel, realistisch durchzuspielen und sie dafür zu sensibilisieren, wie man in solchen Situationen richtig reagiert.

DB Schenker ist ja ein weltweit tätiges Unternehmen. Hat Österreich in Sachen Prävention anderen Ländern etwas voraus? Was kann man von anderen Ländern lernen?

Ich glaube in Österreich stehen wir sehr weit vorne, was das Bewusstsein für Prävention von Arbeitsunfällen angeht und auch generell das Bewusstsein für das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sodass sie ihrer Arbeit möglichst lange, gesund und mit Freude nachgehen können. Mit der AUVA haben wir in Österreich ein internationales Vorzeigemodell, das Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einem Arbeitsunfall sozial absichert und gleichzeitig Prävention, Unfallheilbehandlung und Rehabilitation aus einer Hand anbietet. Davon profitieren nicht nur die Menschen, sondern auch die Unternehmen – und damit der Wirtschaftsstandort Österreich.

 

In Osteuropa, wo wir auch sehr aktiv sind, ist die Einstellung zu Präventionsmaßnahmen vergleichsweise eher überschaubar. Aber auch hier sind Fortschritte erkennbar, weil das Thema in der EU einen größeren Stellenwert bekommt. Zum Glück hat auch die Politik erkannt, dass die Kosten für die Krankenversorgung immer höher sein werden bzw. sind, als jene Kosten, die erforderlich sind, um Krankheiten oder Unfälle von vorneherein zu verhindern.

Was wünschen Sie sich von der AUVA in puncto Zusammenarbeit mit Ihrer Branche?

Die Zusammenarbeit mit der AUVA läuft hervorragend. Hier sind sehr viele Erfahrungswerte vorhanden, auf die man als Unternehmen immer zurückgreifen kann – auch branchenübergreifend. Mir gefällt besonders die proaktive Beratung durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AUVA. Vor kurzem haben wir uns verstärkt dem Thema „Prävention im Homeoffice“ gewidmet, wo uns die AUVA mit Beratungen zu ergonomischen Arbeitsbedingungen, Schulungsmaterialien und Postkarten mit praxisnahen Tipps unterstützt hat. Die Expertinnen und Experten beraten aber auch vor Ort in unseren Lagerhallen. Hier werden Abläufe gemeinsam mit den verantwortlichen Personen besprochen und dann geeignete, praxisorientierte Präventionsmaßnahmen vorgeschlagen, die wir aufnehmen und umsetzen. So ist sichergestellt, dass die Bedürfnisse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch berücksichtigt werden und die entsprechenden Maßnahmen schneller und einfacher Akzeptanz finden. Vor zwei Jahren haben wir gemeinsam mit der AUVA und dem Kuratorium für Verkehrssicherheit die Aktion „Alles im Blick“ durchgeführt, um LKW-Lenkerinnen und -Lenker für die Problematik des „toten Winkels“ zu sensibilisieren. Damit sie ihre Spiegel optimal justieren können, haben wir an unserem Terminal am Alberner Hafen in Wien einen permanenten Spiegeleinstellplatz eingerichtet.

 

Also, um nochmal auf Ihre konkrete Frage zurückzukommen: Was die AUVA angeht, habe ich eigentlich nur den Wunsch, dass die Zusammenarbeit auch weiterhin so gut funktioniert wie bisher.

Wie erklären Sie einer Unternehmerin bzw. einem Unternehmer in aller Kürze die Vorteile von Prävention?

Ich sage immer: Wenn man in die Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern investiert, kostet es zweifelsohne Geld. Aber die Krankheit bzw. die Heilung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters kostet wesentlich mehr! Das ist für mich die einfachste und schlüssigste Erklärung. Dazu kommt, dass Ausgaben bzw. Investitionen in Prävention im Voraus planbar sind, wohingegen krankheitsbedingte Ausfälle von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so gut wie nicht kalkulierbar sind.

… und was sagen Sie einer Arbeitnehmerin bzw. einem Arbeitnehmer über Prävention?

Dass Vorbeugung besser und einfacher ist, als nach einem Unfall oder einer Erkrankung wieder gesund zu werden. Das gilt nicht nur für die Arbeit, sondern für das ganze Leben: Z. B. ist regelmäßig ein bisschen
Bewegung viel einfacher als nach einer Gelenksoperation wieder fit zu werden.

Die Digitalisierung ist – nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie – im Vormarsch. Welchen Einfluss wird diese Entwicklung Ihrer Einschätzung nach auf die Logistikbranche und das Thema Prävention nehmen? Welche Chancen und / oder Risiken sehen Sie?

Die Digitalisierung hat, vor allem was die Einstellung der Menschen anbelangt, durch die Pandemie einen großen Sprung nach vorne gemacht. Die technischen Möglichkeiten waren davor ja schon vorhanden, aber
jetzt werden sie intensiver genutzt. Beispiel Video Calls: Dieses Interview hätten wir vor 1,5 Jahren mit ziemlicher Sicherheit bei einem persönlichen Treffen geführt.

 

Die Chancen durch die Digitalisierung liegen auf der Hand. Der technische Fortschritt unterstützt auch die Prävention. Beispiele bei DB Schenker sind die Sicherheitstechnik an Staplern sowie die bereits erwähnten „Exoskelett“-Anzüge, die den Körper beim Heben und Tragen entlasten. Mit Hilfe moderner Technik können Arbeitsabläufe also nicht nur effizienter, sondern sicherer und gesünder gestaltet werden. Andererseits entstehen mit der Digitalisierung aber auch neue Herausforderungen. Im Homeoffice etwa ist eine ergonomische Ausstattung enorm wichtig und auch die Bewegung muss gefördert werden. Im Betrieb kann man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser erreichen und Maßnahmen umsetzen, aber zu Hause sind uns Grenzen gesetzt. Da kann man nur an die persönliche Vernunft appellieren und immer wieder versuchen, durch stetige Sensibilisierung das Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dahingehend zu stärken, dass Prävention für die eigene Sicherheit und Gesundheit oberste Priorität haben soll.

Verraten Sie uns zum Schluss noch, welche 3 Eigenschaften Ihren persönlichen „best place to work“ ausmachen?

Glaubwürdigkeit, Respekt und Fairness sind drei Punkte im Arbeitsumfeld, die für mich sehr wichtig sind, die wir bei DB Schenker fest verankert haben, und an denen sowohl unsere Visionen für die Zukunft, als auch das Daily Business ausgerichtet sind. Wir feiern 2022 unser 150-jähriges Firmen-Jubiläum. Unternehmenskultur und Werte werden bei uns großgeschrieben!

(Foto: ©StefanieJSteindl)

Alexander Winter ist gelernter Speditionskaufmann und studierter Rechtswissenschafter. Seine Karriere in der Logistikbranche führte von der Spedition Welz über die Schenker & CO AG Niederlassung in Salzburg nach Wien, wo er 2007 die Geschäftsstellenleitung der Niederlassung Wien übernahm und 2013 Mitglied des Vorstands im Bereich Seefracht & Kontraktlogistik wurde. Seit 2018 hat er die Funktion des CEO von DB SCHENKER in Österreich/Südosteuropa inne. Darüber hinaus ist Winter seit 2001 Vorsitzender der Arbeitsgruppe Seefracht im Zentralverband Spedition & Logistik und seit 2020 Obmann der Fachgruppe Wien Spedition und Logistik in der Wirtschaftskammer Wien.