Als Servicepartner für Prävention ist es uns wichtig zu wissen, mit welchen Herausforderungen verschiedene Branchen zu diesem Thema konfrontiert sind, wie Prävention in der jeweiligen Branche gesehen wird und was aus ihrer Sicht wichtige Entwicklungen für die Zukunft sind. 

(Foto: Tanja Wagner, www.hirschografie.at)
(Foto: Tanja Wagner, www.hirschografie.at)

In der fünften Ausgabe unseres Formats „Prävention im Talk“ sprechen wir mit Ing. Helmut Mitsch, Landesinnungsmeister der Tischler und Holzgestalter in der Wirtschaftskammer Niederösterreich, über seine Erfahrungen und Gedanken zum Thema Prävention.

"PRÄVENTION IM TALK"

In Anlehnung an das alte Sprichwort „Wo gehobelt wird, da fallen auch Späne“, könnte man vermuten: Wo tagtäglich mit Werkzeugen und an gefährlichen Maschinen gearbeitet wird, passieren auch viele Arbeitsunfälle. Wie beurteilen Sie als niederösterreichischer Landesinnungsmeister der Tischler und Holzgestalter das Unfallgeschehen in Ihrer Branche?

Traditionell gab es in der Branche immer sehr viele Arbeitsunfälle. Tischler und Tischlerinnen hat man früher oft daran erkannt, dass ihnen ein Fingerglied gefehlt hat. Dank moderner Maschinentechnologie und Präventionsmaßnahmen ist die Zahl der Unfälle aber stark rückläufig.

Was sind zentrale Herausforderungen bzw. Risikofaktoren in Bezug auf die Sicherheit und Gesundheit in Ihrer Branche und auf welche Präventionsaktivitäten setzen Sie, um diese Aspekte am Arbeitsplatz zu fördern?

Schneid-, Hobel- oder spanabhebende Maschinen müssen entsprechende Sicherheitsvorkehrungen haben. Komplizierte Arbeiten machen wir mit Maschinen mit CNC-Technik, also computergeführten Maschinen. Dadurch wird das Verletzungsrisiko deutlich reduziert. Die negativen Auswirkungen des Risikofaktors Lärm konnten deutlich reduziert werden. Für die junge Generation ist das Verwenden des Gehörschutzes Teil der Arbeitskultur. Die Berufskrankheit Lärmschwerhörigkeit kommt v. a. bei der älteren Generation vor.

 

Eine wichtige Präventionsmaßnahme sind Unterweisungen und Schulungen, z. B. im Umgang mit Lacken, Lösungsmitteln oder Klebern. Diese finden bei uns einmal im Jahr statt bzw. aus aktuellem Anlass, wenn es ein Vorkommnis gab. Die regelmäßige Auffrischung sicherheitsrelevanter Informationen ist wichtig, gerade auch für erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist so ähnlich wie beim Autofahren: Nach 20 oder mehr Jahren glaubt man alles zu wissen, würde bei der Führerscheinprüfung aber meist trotzdem durchfallen.

Was wünschen Sie sich von der AUVA in puncto Zusammenarbeit mit Ihrer Branche?

Derzeit gibt es keine fixen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für ein Unternehmen. Gerade Prävention braucht aber Vertrauen, damit Menschen beginnen über Probleme bei der Arbeit zu sprechen. Also ich würde mir ein bis zwei feste Ansprechpartner der AUVA wünschen, die meinen Betrieb gut kennen und zu denen meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Vertrauensverhältnis aufbauen können.

 

Ich möchte mich als Unternehmer in Sachen Prävention laufend verbessern – auch wenn wir bei Messungen immer gute Ergebnisse erzielen. Denn nur weil etwas heute dem Gesetz entspricht, heißt es ja noch lange nicht, dass es auch die beste Lösung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist. Ich würde gerne mehr tun als das Gesetz verlangt und dafür brauche ich Beratung. Ein Beispiel ist der Einsatz von Exoskeletten: Ich finde diese sehr interessant. Ich möchte nicht, dass meine Mitarbeiter mit 50 Jahren einen kaputten Rücken haben, weil sie zu schwer oder falsch getragen haben. Das wäre aus meiner Sicht auch ein wichtiges Thema für die AUVA. Dass es Exoskelette gibt, kann ich selbst im Internet nachlesen, aber ich wünsche mir eine fachlich fundierte und praxisbezogene Beratung zu Fragen wie: „Eignen sich Exoskelette prinzipiell für die Tischler-Arbeit?“, „Welche Modelle sind gut?“, usw.

Wie erklären Sie einer Unternehmerin bzw. einem Unternehmer in aller Kürze die Vorteile von Prävention?

Wie ich bereits gesagt habe, den Rücken ruiniert man sich nicht mit 50, sondern mit 20 Jahren. Als Unternehmer hat man also zwei Möglichkeiten: Erstens nichts tun und in 30 Jahren einen 50-jährigen Mitarbeiter mit viel Erfahrung aber gesundheitlichen Problemen zu haben. Den kann man entweder kündigen oder man lebt damit, dass er dauernd in Krankenstand ist. Die zweite, und meiner Meinung nach bessere, Möglichkeit ist daher, rechtzeitig vorzusorgen und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei guter Gesundheit bis zur Pension im Unternehmen behalten zu können. Das sollte Ziel von allen Unternehmerinnen und Unternehmern sein!

… und was sagen Sie einer Arbeitnehmerin bzw. einem Arbeitnehmer über Prävention?

Das gleiche gilt natürlich auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Wer sich um seine Gesundheit und Sicherheit kümmert, hat nicht nur beruflich Erfolg, sondern auch mehr Lebensqualität.

Die Digitalisierung ist – nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie – im Vormarsch. Hat diese auch einen Einfluss auf die Tischlerei und Holzgestaltung? Welche Chancen und / oder Risiken sehen Sie?

In der Digitalisierung liegen viele Chancen, aber auch Risiken. Ein Beispiel sind Videokonferenzen: Dadurch kann man einerseits sehr viel Zeit sparen, aber der persönliche Kontakt fehlt. Weiters fehlen bei der Onlinearbeit auch Zeitlimits. Ich habe für mich persönlich festgelegt, dass Meetings, die ich leite, nicht länger als 1,5 Stunden dauern. Ich weiß aber nicht, ob das richtig ist. Ich würde mir mehr Informationen zu Rahmenbedingungen im Homeoffice wünschen.

Verraten Sie uns zum Schluss noch, welche 3 Eigenschaften Ihren persönlichen „best place to work“ ausmachen?

Also erstens muss der Arbeitsplatz bzw. das Umfeld passen. Dazu gehören das richtige Licht, Heizung und Luftfeuchte. Zweitens muss der Arbeitsplatz so gestaltet sein, dass ich als Mitarbeiter gesund und sicher arbeiten kann. Und drittens muss man als Mitarbeiter einen sozialen Status haben und wertgeschätzt werden. Ich z. B. möchte, dass meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wirtshaus erzählen, dass sie gerne bei mir arbeiten.

(Foto: privat)

Ing. Helmut Mitsch startet 1971 seine Ausbildung in der HTL Mödling. 1987 absolviert er die Meisterprüfung für Tischler. Im selben Jahr wird er Geschäftsführer der Böhm-Mitsch GmbH, einem Familienunternehmen aus Spannberg. Seit Anfang 2012 ist er Geschäftsführer der eigens gegründeten Mitsch GmbH, die ihren Fokus auf die Produktion von Türen legt. Neben Brandschutztüren werden Sicherheitstüren, Paniktüren und Innentüren entwickelt.