Richtiges Heben und Tragen schützt nicht nur vor Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE), sondern auch vor Arbeitsunfällen.

Berücksichtigung des Standes der Technik beim Einsatz von Hilfsmitteln, z. B. Rollenbahn (©R.Reichhart)

Körperliche Fehlbelastungen erhöhen das Risiko für Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) und führen zu schnellerer Ermüdung, wodurch die Unfallwahrscheinlichkeit steigt. Laut AUVA-Statistik steht jeder zehnte anerkannte Arbeitsunfall zwischen 2015 und 2019 in Zusammenhang mit einer „Bewegung des Körpers unter körperlicher Belastung“. Dazu zählen Unfälle beim Heben und Tragen oder beim Ziehen und Schieben von Lasten. Mit dem aktuellen Präventionsschwerpunkt „Packen wir’s an!“ thematisiert die AUVA nicht nur die Prävention arbeitsbedingter MSE, sondern auch die Prävention von Arbeitsunfällen im Zusammenhang mit der Manipulation von Lasten.

 

Gefahrenquellen erkennen

Zunächst gilt es, mit offenen Augen durch den Betrieb zu gehen, um potenzielle Gefahrenquellen zu erkennen und anschließend zu beseitigen oder zu minimieren. Bevor schwere Lasten transportiert werden, ist es sinnvoll, sich einen Überblick über mögliche Engstellen oder Stolperfallen wie Bodenunebenheiten, Kabel oder herumliegendes Werkzeug am Weg zu verschaffen. Welche unfallträchtigen Situationen auftreten können, hängt vom Beruf und der jeweiligen Tätigkeit ab. So besteht im Transportgewerbe beim Ein- und Ausladen ein erhöhtes Stolperrisiko, in der Gebäudereinigung Rutschgefahr durch feuchte Böden. Bei der Heimpflege stellen enge Räume, verrutschende Teppiche und schlechte Lichtverhältnisse eine besondere Herausforderung dar. Mit schwierigen räumlichen Gegebenheiten in Privatwohnungen sind auch Tischler:innen und Installateure:Installateurinnen konfrontiert, etwa bei der Montage von Einbauküchen oder Heizsystemen. Zu ungünstigen Umgebungsbedingungen kommt häufig auch Zeitdruck aufgrund enger Terminplanung oder verkehrsbedingter Verspätungen. Wenn es schnell gehen muss, wird oft auf den (korrekten) Einsatz von Hilfsmitteln verzichtet. Bei Lasten, die subjektiv nicht als „schwer“ empfunden werden, verzichten viele sogar ganz auf Hilfsmittel, was zu Unfällen und längerfristig zu Schäden des Bewegungs- und Stützapparats führen kann.

 

STOP-Prinzip

Die meisten Unfälle sind auf das Zusammentreffen von mindestens zwei Faktoren zurückzuführen, z. B. wenn eine Person eine schwere Last manipuliert und dies zusätzlich auf einem unebenen Boden, in beengten Räumlichkeiten oder mit einer durch die Last beeinträchtigten Sicht stattfindet. Um solche Unfälle zu verhindern, müssen alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden, wobei nach dem STOP-Prinzip – Substitution vor technischen und organisatorischen sowie zuletzt personenbezogenen Maßnahmen – vorzugehen ist. In Bezug auf die Lastenmanipulation bedeutet das:

 

Vermeidung von Gefährdungen:

  • Automatisierung von Hebe- und Transportvorgängen (Ersatz der manuellen Handhabung durch mechanische Handhabung)
  • Beseitigung von Risiken mittels ergonomischer Gestaltung von Arbeitsplätzen, Arbeitsmitteln und Arbeitsabläufen
  • Verringerung der Höhe, auf die Lasten gehoben werden müssen.

Berücksichtigung der Gestaltung der Arbeitsumgebung und Arbeitsorganisation:

  • Gestaltung des Arbeitsplatzes, damit Arbeitnehmer:innen genügend Platz haben, um günstige Körperhaltungen einzunehmen.
  • Ermöglichung von ausreichenden Pausen oder Tätigkeitswechseln
  • Thematisierung von organisatorischen Fragen (z. B. Arbeiten in Zweiergruppen, sich verändernde Arbeitsmuster)

Berücksichtigung des Standes der Technik:

  • Einsatz neuer Hilfsmittel wie z. B. stärker ergonomisch ausgerichteter Geräte, Werkzeuge, Hebehilfen (Minikräne oder Vakuumheber) und Transporthilfen (Hubwagen, Rolltische oder Scheibtruhen)

Vorrang des kollektiven Gefahrenschutzes vor individuellem Gefahrenschutz:

  • Beispiel: Bei Lasten mit ungünstigen Greifbedingungen Arbeits- oder Hilfsmittel mit guten Griffen zur Verfügung stellen statt Mitarbeitende mit rutschfesten Handschuhen (PSA) auszustatten.

Prävention durch aktive Schulung

Die häufigsten Verletzungen, die durch Unfälle bei der Manipulation von Lasten verursacht werden, sind Verstauchung, Zerrung oder Knochenbruch als Folge eines Sturzes. Auch rutschende oder fallende Lasten haben mitunter Brüche zur Folge. Schnittwunden, Quetschungen oder Verbrennungen treten vor allem dann auf, wenn der:die Beschäftigte keine geeignete PSA trägt. Um derartige Verletzungen und deren Folgen zu verhindern, sind Schulungen über die sachgerechte Verwendung von Arbeitsmitteln (Hebevorrichtungen, Stühle, Möbel), eine ergonomische Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzgestaltung erforderlich.

 

Eine wesentliche Rolle spielen aktive Bewegungsschulungen für sichere Arbeitsvorgänge (Heben und Tragen). Das heißt: Nicht nur erklären, sondern vorzeigen und üben lassen. Beim AUVA-Programm BAUfit lernt man zum Beispiel das richtige Heben und Tragen auf der Baustelle. Weitere Angebote der AUVA wie Seminare und Workshops sind während des Präventionsschwerpunkts um 50 Prozent ermäßigt. Außerdem bietet die AUVA 2021/22 zum Thema arbeitsbedingte MSE Veranstaltungen und Publikationen an.

Veranstaltungstipp:

8. März 2022 (Graz): „Risikofaktor Lastenhandhabung – Prävention arbeitsbedingter Muskel-Skelett-Erkrankungen“

 

AUVA-Merkblätter:

M 025 „Heben und Tragen, Ziehen und Schieben“

M.plus 021 „Ergonomie – Grundlagen der Arbeitsplatzgestaltung“

 

Blog-Beiträge zum Thema MSE:

Präventionsschwerpunkt MSE | Sicheres Wissen

 

Mehr Infos zum aktuellen AUVA-Präventionsschwerpunkt „Packen wir’s an!“ zu arbeitsbedingten Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) finden Sie unter www.auva.at/mse.