Warum es nicht gut ist, unsere Kinder in Watte zu packen …

Kinder werden nicht vor Unfällen geschützt, indem man sie in Watte packt und vor wichtigen Entwicklungserfahrungen fernhält. Übertriebene Sicherheitsbedenken, Ängstlichkeit und Überbehütung durch Erwachsene, aber auch Bewegungsarmut durch zu viel Zeit vor dem Bildschirm (TV, Tablet, Smartphone, …) hemmen die motorische Entwicklung des Kindes. Dadurch kommt es auch zu Entwicklungsverzögerungen der sozialen, emotionalen und kognitiven Fähigkeiten des Kindes. Die entstehenden Defizite führen zudem zu einer erhöhten Unfallgefährdung.

 

Lernen Kinder bereits von klein auf mit Gefahren und heiklen Situationen umzugehen, werden sie in Zukunft in Gefahrensituationen umsichtiger handeln. Traut man dem Kind Neues zu, kann es seine Motorik frei entfalten. Natürlich ist es oberste Priorität Unfälle zu vermeiden, trotzdem sollte man im Hinterkopf behalten, dass nicht alle Gefahren vermeidbar sind und Unfälle passieren. Aus entwicklungspsychologischer Sicht gehören aufgeschürfte Knie, blaue Flecken, Kratzer und schmutzige Kleidung einfach dazu, wenn Kinder springen, klettern, toben oder laufen wollen.

„Wenn wir Kinder in ihrer Kreativität und Freiheit zu sehr beschränken, werden sie ängstlich und unselbstständig. Sie können, in Watte gepackt, einfach nicht groß und stark werden.“

Gerlinde Unverzagt*

Kein Lernen ohne Risiko

Kinder können risikohafte Situationen nur dann verstehen und daraus lernen, wenn sie diese selbst erleben. Für viele Erwachsene sind derartige Situationen oft schwer auszuhalten, weshalb sie gerne frühzeitig eingreifen. Dadurch verhindern sie, dass das Kind wichtige Erfahrungen machen kann, wie z. B. etwas aus eigenen Kräften geschafft zu haben. Indem Erwachsene jedes Kind und jede Situation individuell beurteilen, können sie das Unfallrisiko besser einschätzen und gegebenenfalls eingreifen. Positive und negative Erfahrungen, Erfolg und Misserfolg, gehören zur Entwicklung der Risikokompetenz dazu. Wichtig ist, dass man Kindern ermöglicht, (Bewegungs-)Erfahrungen aus erster Hand zu machen. Umso mehr Sicherheit das Kind gewinnt, desto besser wird es seine Fähigkeiten und Grenzen in Zukunft einschätzen können.

Auch wenn es Erwachsenen schwerfällt: Kinder nicht in Watte zu packen, unterstützt deren Risikokompetenz-Entwicklung ((c): AUVA)

Reflektieren Sie Ihr persönliches Erziehungsverhalten!

  • Lasse ich mein Kind Neues ausprobieren, oder greife ich immer gleich ein?
  • Wäge ich ab, was im schlimmsten Fall passieren kann, bevor ich eingreife?
  • Beobachte ich mein Kind stets mit Argusaugen oder lasse ich es auch mal für sich selbst sein?
  • Kann ich dabei zusehen, wie mein Kind ein überschaubares Risiko eingeht?
  • Nehme ich meinem Kind im Alltag Dinge ab, die es vielleicht schon selbst kann (z. B. mit einem Messer Butter aufs Brot schmieren)?

Lesen Sie auch unseren Blog-Beitrag Risikokompetenz bei Kindern fördern

Bei Fragen zur Sicherheit und Gesundheit im Kindergarten stehen Ihnen die Präventionsexpertinnen und -experten der AUVA-Landesstelle Wien gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns unter: wuv-kindergarten@auva.at

Fotocredits: AUVA

Quellen:

  • Schürch, B., Thüler, H., Engel, M., Knecht, C., (2014): Sichere Bewegungsförderung bei Kindern, Bfu-Fachdokumentation 2.082, Bern.
  • *Unverzagt, G., (2015): Selber fliegen! Warum Kinder keine Helikopter-Eltern brauchen, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau.

(Beitrag erschienen am 21.11.2019)