Wie Bilderbücher zu einem bewegungssicheren Kindergartenalltag beitragen können, zeigt der AUVA-Workshop „Bewegte Bilderbücher“.

(Illustration: I. Koy)

Mit Bilderbüchern Unfälle im Kindergarten vermeiden? Klingt komisch, funktioniert aber! Bilderbücher als Impuls für Bewegungseinheiten heranzuziehen und damit zur Unfallprävention im Kindergarten beizutragen – diese simple Idee steckt hinter dem Projekt „Bewegte Bilderbücher“ der AUVA-Landesstelle Wien. Da mangelnde motorische Geschicklichkeit zu den Haupt-Unfallursachen im Kindergarten zählt, setzt die AUVA auf eine frühzeitige Bewegungsförderung bei Kindern. Ganz nach dem Motto „Was Hänschen nicht lernt, …“ sollen bereits von klein auf die motorischen Fähigkeiten der Kinder gesteigert und dadurch ihr Kindergartenalltag bewegungssicherer werden.

 

Das Projekt wurde für Kinder im verpflichtenden Kindergartenjahr entwickelt und basiert auf dem Konzept der Psychomotorik, bei dem die Förderung der ganzheitlichen Entwicklung des Kindes durch Bewegung, Wahrnehmen und positive Bewegungserlebnisse im Vordergrund steht. Durch das Ausspielen bzw. Ausleben einer Bewegungsgeschichte können sich die Kinder in unterschiedliche Rollen hineinversetzen, den Umgang mit unterschiedlichsten Materialien erproben und neue Bewegungsformen ausprobieren. Ziel ist es, die Kinder durch psychomotorische Bewegungsgeschichten in ihren motorischen Fähigkeiten zu fördern, wodurch eine gezielte Unfallprävention stattfindet. Zudem werden die Kinder in ihrer Identitätsfindung, Sprachentwicklung, Kreativität, sozialen Kompetenzen und vielem mehr unterstützt.

 

„Kino für den Körper“ – mit Mehrwert

Prinzipiell kann jedes Bilderbuch als „bewegtes Bilderbuch“ verwendet werden. So können Pädagogen:Pädagoginnen unterschiedliche Bilderbücher – abgestimmt auf aktuelle Themen und Interessen der Kinder – auswählen. Auf Basis der Bilderbücher werden dann Geschichten nachgespielt, als Lauf-, Fang- und Reaktionsspiele angelegt oder als Bewegungsbaustellen aufgebaut. Diese Bewegungseinheiten machen nicht nur Spaß – die Kinder werden dadurch auch bewegungssicherer. Durch positive Bewegungserfahrungen bekommen sie Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Als „Kino für den Körper“ bezeichnete eine der teilnehmenden Pädagoginnen dieses Konzept, das sich auch als ganzheitliche Schulvorbereitung eignet.

 

Phasen einer Bewegungseinheit

Eine Bewegungseinheit besteht aus fünf Phasen, die gemeinsam mit den Kindern umgesetzt werden:

  • Phase 1: Bewegungsdrang abbauen
  • Phase 2: Einleitung
  • Phase 3: Hauptteil
  • Phase 4: Abschluss
  • Phase 5: Reflexionsrunde

Dauer und Intensität einer Bewegungseinheit können individuell gewählt und flexibel an die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder in einer Gruppe angepasst werden. Im Vordergrund steht neben der Freude an der Bewegung die Förderung neuer Denk- und Lernprozesse, der Aufbau eines positiven Selbstkonzepts und das Anregen der Sinne.

 

Bewegungseinheit am Beispiel „Wo ist Mami?“

Am Beispiel des beliebten Kinderbuches „Wo ist Mami?“ (Axel Scheffler und Julia Donaldson, BELTZ & Gelberg, 2000) lässt sich eine Bewegungseinheit sehr gut umsetzen. Das Buch beschreibt die Suche des kleinen Äffchens nach seiner Mutter im Dschungel. Begleitet wird es vom Schmetterling, der ihm bei der Suche hilft. Dabei treffen sie auf viele unterschiedliche Tiere.

"Wo ist Mami?", Axel Scheffler und Julia Donaldson, BELTZ & Gelberg, 2000 (mit freundlicher Genehmigung des Verlags)

Tipps für Pädagogen:Pädagoginnen zur Vorbereitung der Bewegungseinheit:

  • Im Vorfeld der Bewegungseinheit sollten die Kinder den Inhalt des Buches kennenlernen. Am besten ein paar Tage davor vorlesen.
  • Das Bilderbuch und die Geschichte bzw. Handlungen sollen sich wie ein roter Faden durch alle Phasen der Bewegungseinheit ziehen. Die Ideen für die Bewegungseinheit werden vom Buch abgeleitet und beziehen sich somit auf die unterschiedlichsten Seiten des Bilderbuches.
  • Je nach Größe des Bewegungsraumes und Kinderanzahl werden durchschnittlich pro Bewegungseinheit 4-5 unterschiedliche Stationen für den Hauptteil empfohlen.

 

Phase 1: Bewegungsdrang abbauen

  • Dschungel-Bewegungsspiel: Bilder von Tieren, die im Buch vorkommen, an Wand, Kästen oder Fenstern anbringen. (Präventionstipp: Bilder nicht am Boden auflegen – Rutschgefahr!). Die Kinder laufen zu Musik – bei Musikstopp wird ein Tiername gerufen und die Kinder dürfen zum entsprechenden Bild laufen. Nach Belieben und Motivation der Kinder wiederholen.

 

Phase 2: Einleitung

  • Im Sitzkreis wird die Geschichte in eigenen Worten (von Pädagoge:Pädagogin und Kindern gemeinsam) wiedergegeben.
  • Gemeinsam werden die Stationen für den Hauptteil festgelegt (z. B. „Schlangen-Station“, „Spinnennetz“, „Flugstation“, „Frosch-Parcours“, …

 

Phase 3: Hauptteil

  • Die Station „Spinnennetz“ bezieht sich z. B. auf die Begegnung des Äffchens mit der Spinne. Für den Aufbau dieser Station können unterschiedliche lange und dicke Seile, eine Sprossenwand oder Langbänke, ein Sprungkasten (Turngerät) oder ähnliche Turngeräte verwendet werden. Aufgabe der Kinder ist, mit den Seilen ein „Spinnennetz“ zu gestalten, indem sie diese mit den Sprossen oder Turngeräten verbinden. Das fertige Netz kann von den Kindern erkundet werden (durchklettern, darunter durchkriechen, …). Alternative: Mit dem Malerklebeband kann am Boden ein Spinnennetz aufgeklebt werden.
  • Bevor gemeinsam alles weggeräumt wird, versammeln sich alle bei einer Station. Hier wird das Wiedersehen des Äffchens mit seiner Mutter symbolisch dargestellt und besprochen.

 

Phase 4: Abschluss

  • Je nach Bewegungsbedürfnis der Kinder kann abschließend entweder ein Bewegungsspiel oder eine beruhigende Entspannungssequenz angeboten werden; z. B. „Überqueren der Dschungelbrücke“ – Die Kinder begegnen einander paarweise auf einer schmalen Brücke (Langbank). Sie müssen versuchen, aneinander vorbeizukommen, ohne das „Wasser“ zu berühren oder andere Kinder von der „Brücke“ zu drängen.

 

Phase 5: Reflexionsrunde

  • Am Schluss treffen sich alle im Sitzkreis. Die Stunde wird reflektiert und Gespräche über den Dschungel und die Dschungeltiere können zudem eingebunden werden. Nach der Gesprächsrunde ist die „Bewegte Bilderbuch“-Einheit beendet und alle gehen wieder zurück in den Gruppenraum.

Bei Interesse am AUVA-Workshop „Bewegte Bilderbücher“ (verfügbar für Kindergärten in Wien, Niederösterreich und Burgenland) schreiben Sie uns unter wuv-kindergarten@auva.at