Als Servicepartner für Prävention ist es uns wichtig zu wissen, mit welchen Herausforderungen verschiedene Branchen zu diesem Thema konfrontiert sind, wie Prävention in der jeweiligen Branche gesehen wird und was aus ihrer Sicht wichtige Entwicklungen für die Zukunft sind. Daher fragen wir im neuen Format „Prävention im Talk“ ab sofort regelmäßig Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft nach ihren Praxis-Erfahrungen, Einblicken und Gedanken zum Thema Prävention.

(Foto: Magistrat Waidhofen an der Ybbs)

Den Anfang macht KommR Peter Engelbrechtsmüller. Er ist seit 2010 Innungsmeister der Landesinnung der Rauchfangkehrer in Niederösterreich und seit 2020 Vorsitzender der AUVA-Landesstelle Wien.

"PRÄVENTION IM TALK"

Rauchfangkehrer gelten ja als Glückbringer. Passieren in Ihrer Branche eigentlich viele Arbeitsunfälle?

Ja, sprichwörtlich bringen wir Rauchfangkehrer den Menschen Glück. Aber in Wahrheit hat die Arbeit eines Rauchfangkehrers weniger mit Glück, sondern viel mehr mit Prävention zu tun. Denn Rauchfangkehrerinnen und Rauchfangkehrer verrichten sicherheitsrelevante Tätigkeiten und sorgen tagtäglich dafür, dass Heizungen und Feuerstätten gefahrlos betrieben werden können. Unser Handwerk dient dem Schutz und der Sicherheit der Menschen und den Gebäuden, in denen sie wohnen, dem Nachbarschaftsschutz und nicht zuletzt auch dem Schutz der freiwilligen Einsatzkräfte wie Feuerwehr und Rettung. Natürlich wird auch die eigene Sicherheit bei der Arbeit großgeschrieben. Es passieren zwar in der Branche Arbeitsunfälle, aber die bewegen sich zum Glück auf einem sehr niedrigen Niveau.

Gesunde und sichere Arbeitsbedingungen sind also keine Glückssache – Auf welche Präventionsangebote setzen Sie in Ihrer Branche?

Alle Betriebe in Niederösterreich sind nach ISO 9001 (Qualitätsmanagement) und ISO 14001 (Umweltmanagement) zertifiziert und es gibt im Rahmen der Mitarbeiter-Schulungen auch jährliche Sicherheits-Schulungen, die von der AUVA durchgeführt werden. In den Betrieben achten wir darauf, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen ordentlichen Arbeitsplatz vorfinden. Die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Persönliche Schutzausrüstung (PSA) ist besonders wichtig. Auch vor Ort, wo die Überprüfungen stattfinden, sollte sicherheitstechnisch alles so vorbereitet sein, dass keine Unfälle passieren können. Besonders bei Arbeiten am Dach sind die vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen unbedingt einzuhalten. Wichtig wäre, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Zugänge zu den unterschiedlichen Überprüfungsstellen kennen.

Was wünschen Sie sich von der AUVA in puncto Zusammenarbeit mit Ihrer Branche?

Wir legen großen Wert auf regelmäßige, von der Landesinnung zertifizierte Schulungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Jeder Betrieb muss seine Beschäftigten zwei Arbeitstage im Jahr dafür freistellen. In den Schulungen geht es um neue technische Entwicklungen oder Änderungen auf gesetzlicher Ebene. Ein großer Teil dieser Schulungen wird auch für Präventionsthemen genutzt, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und Maßnahmen zur Prävention zu sensibilisieren. Hier arbeiten wir seit vielen Jahren sehr gut mit der AUVA zusammen. Jährlich werden rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den AUVA-Präventionsfachleuten geschult.

Wie erklären Sie einer Unternehmerin bzw. einem Unternehmer in aller Kürze die Vorteile von Prävention?

Das ist einfach erklärt: Prävention sorgt für fitte und gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dadurch gibt es weniger Ausfälle, z. B. durch Krankenstände. Und das wiederum sichert die Stabilität des Unternehmens.

… und was sagen Sie einer Arbeitnehmerin bzw. einem Arbeitnehmer über Prävention?

Dass sie oder er sich keine Sorgen um die Sicherheit am Arbeitslatz machen muss.

Die Digitalisierung ist – nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie – im Vormarsch. Welchen Einfluss wird diese Entwicklung Ihrer Einschätzung nach auf die Rauchfangkehrer-Branche und das Thema Prävention nehmen? Welche Chancen und / oder Risiken sehen Sie?

Für unsere Branche ist die Digitalisierung ein großes Thema. Das Rauchfangkehrer-Handwerk hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr gewandelt. Die rußige Arbeit gibt es zwar noch, aber die steht nicht mehr im Vordergrund. Heute geht es hauptsächlich um Überprüfungstätigkeiten mit Mess- u. Prüfgeräten. Das macht die Arbeit natürlich sicherer. Fast 95 Prozent der Betriebe in Niederösterreich arbeiten mit dem „Elektronischen Kehrbuch“. Befundungen und Meldungen können daher gleich elektronisch an die zuständigen Behörden übermittelt werden. Auch die Installierung der Heizungsdatenbank in Niederösterreich ist ein großer Schritt für mehr Sicherheit. Alle alten und neuen Heizungsanlagen werden hier zukünftig elektronisch erfasst und die NÖ Rauchfangkehrer tragen als befugte Fachleute regelmäßig ein, wie effizient Heizungen betrieben werden. Es wird auch eingetragen, welche Schadstoffe ausgestoßen werden und wie hoch der Wirkungsgrad ist. Hier gibt es strenge Grenzwerte. Somit kann festgestellt werden, wenn Anlagen nicht überprüft wurden oder mangelhaft sind, wenn z. B. Grenzwerte überschritten werden. Das ist auch ein großer Beitrag für den Klimaschutz.

Verraten Sie uns zum Schluss noch, welche 3 Eigenschaften Ihren persönlichen „best place to work“ ausmachen?

Zuerst einmal möchte ich sagen, dass ich mit Leib und Seele Rauchfangkehrer bin. Das ist für mich die perfekte Arbeit und ich würde keinen Job auf der Welt lieber machen. Die Arbeit ist sinnstiftend, weil ich für die Sicherheit und den Schutz der Menschen sorge. Die Wertschätzung, die ich von meinen Kundinnen und Kunden bekomme, ist der schönste Dank dafür. Und natürlich ist für mich der beste Arbeitsplatz immer – gesichert – über den Dächern!

(Foto: Josef Bollwein)

Peter Engelbrechtsmüller legte 1978 die Meisterprüfung zum Rauchfangkehrer ab und übernahm 1984 den elterlichen Rauchfangkehrer-Betrieb in Waidhofen an der Ybbs.
Seit 2010 ist Engelbrechtsmüller Landesinnungsmeister der Rauchfangkehrer für Niederösterreich. 2012 wurde er zum Bundesinnungsmeister der Rauchfangkehrer gewählt, seit 2015 ist er Bundesinnungsmeister der Rauchfangkehrer und Bestatter. Den Vorsitz im Landesstellenausschuss der AUVA-Landesstelle Wien hat Engelbrechtsmüller im Jänner 2020 übernommen.