Aktuelle Empfehlungen zur Fensterlüftung in Innenräumen zur Vermeidung einer Infektion mit SARS-CoV-2

(Foto: mohamed_hassan / pixabay)

Seit Beginn der Pandemie wurde auf die Wichtigkeit eines ausreichenden Luftaustausches hingewiesen, um die Ansteckungsgefahr in Innenräumen zu verringern. Allerdings ergaben sich anfangs noch einige offene Fragen, welche zwischenzeitlich durch zahleiche wissenschaftliche Untersuchungen beantwortet werden können. Nachfolgend haben wir aktuelle Erkenntnisse bezüglich der Übertragungswege bzw. zur natürlichen Lüftung als Schutzmaßnahme für Sie zusammengefasst:

Übertragungsweg für SARS-CoV-2 über die Luft – die Rolle von Aerosolen

Während zu Beginn der Pandemie der Fokus noch auf der Tröpfcheninfektion lag, wissen wir heute, dass auch eine aerosolgebundene Virenausbreitung möglich ist. Die Unterscheidung zwischen Tröpfchen und Aerosolen erfolgt in Abhängigkeit der Partikelgröße bzw. der physikalischen Eigenschaften, wobei der Übergang zwischen beiden Formen fließend ist. Tröpfchen sind größer als Aerosole und sinken schneller zu Boden, wodurch sich u. a. auch die empfohlenen Abstandsregeln (bis 2 m) zu anderen Personen erklären lassen. Im Gegensatz zu Tröpfchen können die kleineren Aerosole auch über längere Zeit in der Luft schweben und sich in geschlossenen Räumen verteilen – siehe Abbildung 1.

Abbildung 1: Übertragungsverhalten von virushaltigen Partikeln ((c) lwtaf)

Das Ausscheiden von Aerosolen ist grundsätzlich ein natürlicher Vorgang, welcher beim Atmen und Sprechen, aber noch stärker beim Schreien und Singen, entsteht. Beim Husten und Niesen entstehen zusätzlich zu den Aerosolen vermehrt größere Partikel (Tröpfchen). Wenn allerdings eine infektiöse Person diese Tröpfchen und Aerosole über einen längeren Zeitraum in einem Raum ausstößt, und dieser Raum schlecht oder gar nicht gelüftet ist, wird die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch Aerosole auch über eine größere Distanz als 2 m deutlich erhöht.

 

Wie verhalten sich Aerosole (und CO2) in einem geschlossenen Raum ohne Lüftung?

Neben Aerosolen atmen Menschen auch CO2 (Kohlendioxid) aus. In Räumen, in denen Menschen der bestimmende Faktor für die Luftverschlechterung sind, kann (und wird auch vielfach) CO2 als Maß für die Raumluftqualität herangezogen. Da CO2 im Gegensatz zu Aerosolen technisch einfach zu messen ist, kann es als Anhaltspunkt für das richtige Lüften (Effektivität) herangezogen werden.

Abbildung 2: Innenraum nicht gelüftet – Aerosol- und CO2 Konzentration steigen ((c) lwtaf)

Wie in Abbildung 2 zu sehen ist, steigt in einem geschlossenen Innenraum ohne Lüftung die Aerosolanzahl (und auch das CO2) kontinuierlich an und verteilt sich in kurzer Zeit überall im Raum. Wäre eine Person im Raum infektiös, würde auch die Viruslast kontinuierlich ansteigen und somit das Infektionsrisiko für die anderen im Raum anwesenden Personen bzw. auch für Personen, welche später den Raum betreten, steigen. Daher wird empfohlen, den Raum auch vor dem Verlassen kurz zu lüften.

 

Die gute Nachricht – Lüften verhindert die Verbreitung von Aerosolen

Wie bereits in anderen Blogbeiträgen („Coronavirus und Raumlüftung“,  „Klimageräte – Gekühlt durch den Corona-Sommer“) zusammengefasst, vermindert ein effektiver Luftaustausch die Aerosolkonzentration in einem Raum. Daher ist vor allem die mechanische Lüftung (über Klima- und Lüftungsanlagen) der wichtigste Faktor für einen kontrollierten Luftaustausch in Innenräumen und somit ein wichtiger Faktor, um das Ansteckungsrisiko zu reduzieren.

Abbildung 3: Mechanische Lüftungssysteme sorgen für einen kontrollierten Luftaustausch ((c) lwtaf)

Allerdings ist diese Möglichkeit nicht immer gegeben, d. h. ein Luftaustausch muss in vielen Fällen über natürliche Lüftung (vor allem durch Fenster) sichergestellt werden. Die Effektivität der sogenannten natürlichen Lüftung ist von vielen Kriterien abhängig (z. B. Windrichtung, Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenluft, Raumgeometrie, …).

 

Grundsätzlich ist die Stoßlüftung mit weit geöffneten Fenstern am effektivsten. Bei optimalen Randbedingungen (z. B. Querlüftung ist möglich) sind meist schon wenige Minuten ausreichend. Ein Lüften über gekippte Fenster ist weniger effektiv, kann aber als Ergänzung zur Stoßlüftung sinnvoll sein. Das wesentliche Kriterium in der Praxis ist hier, dass eine Regelmäßigkeit sichergestellt wird. In der kälteren Jahreszeit kommt natürlich hinzu, dass Räume dadurch relativ schnell auskühlen.

Tipp: Mit einer Stoßlüftung wird auch ein Auskühlen der Raumwände und der im Raum befindlichen Möbel und Gegenstände verhindert.

Abbildung 4: Natürliche Lüftung durch Fensteröffnung ((c) lwtaf)

Welche Kriterien sind bei der natürlichen Lüftung (Fensterlüftung) zu berücksichtigen?

  • In Büroräumen sollte spätestens nach einer Stunde gelüftet werden.
  • In Besprechungs- und Seminarräumen sollte mindestens alle 20 Minuten gelüftet werden.
  • Dabei sollte eine Stoßlüftung über die gesamte Fensterfläche für mindestens 3 Minuten erfolgen (besser 5 – 10 Minuten).
  • Als Hilfestellung bzw. zur Erinnerung kann mit einer CO2-Ampel die CO2-Konzentration in der Raumluft gemessen werden.
  • Alternativ kann die CO2-Konzentration im Raum auch berechnet werden, z. B. mit der CO2-App der DGUV

 

Warum ist die CO2-Konzentration ein empfehlenswerter Indikator für das Lüftungsverhalten?

Eine gute Richtschnur für die Luftqualität in Innenräumen ist der CO2-Wert. Dieser steigt bei fehlender Lüftung mit der Zeit fast linear, abhängig von der Anzahl anwesender Personen. Die Luft wird bei Werten ab 1.000 ppm zunehmend als „verbraucht“ wahrgenommen. (Zum Vergleich: In der Außenluft beträgt die CO2-Konzentration ca. 400 ppm.)

Durch richtiges und regelmäßiges Lüften wird der CO2-Wert im Innenraum niedrig gehalten und die Innenraumbelastungen (Aerosole, Viren, usw.) werden verdünnt. Obwohl ein niedriger CO2-Wert generell ein Indikator für gute Luftqualität ist, muss auch festgehalten werden, dass damit keine eindeutige Aussage über die Konzentration virenbelasteter Aerosole gegeben werden kann.

Abbildung 5: CO2-Konzentrationen in der Raumluft und empfohlene Lüftungsmaßnahmen (Info: MAK-Wert von CO2 liegt bei 5.000 ppm)

Sind CO2-Sensoren als Indikator für das aktive Lüften empfehlenswert?

Mittlerweile sind zahlreiche CO2-Sensoren mit unterschiedlichsten Bezeichnungen (CO2-Messgeräte, CO2-Ampeln) am Markt erhältlich. Diese Geräte sind klein und verfügen oft über praktische Zusatzfunktionen. So können z. B. Grenzwerte eingestellt werden, damit Alarm geschlagen wird, wenn dieser Wert erreicht wird. Somit stellen sie eine Erinnerung für das Lüften dar. Höherwertigere Geräte können gleichzeitig noch Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Raum überwachen. Derartige Sensoren sind zu empfehlen, da sie das richtige Lüften (im Idealfall auch nach der SARS-CoV-2 Zeit) unterstützen.

 

Zusammenfassung der wichtigsten Empfehlungen

  • Lüften, Lüften, Lüften! Stellen Sie eine ausreichende Frischluftzufuhr von außen durch freie oder (besser) technische Lüftung sicher, um eine Infektion mit SARS-CoV-2 in Innenräumen zu vermeiden.
  • Eine Überprüfung der Luftqualität in Innenräumen kann durch Messen der CO2-Konzentration in der Raumluft erfolgen.
  • Intensives Lüften und andere lüftungstechnische Maßnahmen sind nicht als Alleinmaßnahme, sondern als ein wichtiger Baustein zu verstehen, um die Infektionsgefahr mit SARS-CoV-2 in Innenräumen zu verringern.

Die Präventionsexpertinnen und -experten der AUVA unterstützen Unternehmen gerne bei

  • der Beurteilung der Lüftungssituation vor Ort (Welche Lüftungstechnik ist im Betrieb installiert? Welche schnellen und kostengünstigen Maßnahmen bzgl. SARS-CoV-2 sind umsetzbar?).
  • der Auswahl und Beurteilung von Luftreinigungsgeräten für den Einsatz im Unternehmen.
  • allen weiteren Fragen bzgl. Lüftungstechnik am Arbeitsplatz.

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(Beitrag erschienen am 25.11.2020)