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Aktuelle Erkenntnisse, Fakten und praktische Empfehlungen zum Einsatz von Luftreinigern in und nach der SARS-CoV-2 Pandemie.

(Illustration: lwtaf)

Seitdem bekannt ist, dass SARS-CoV-2 auch durch Aerosole übertragen werden kann, hat eine intensive Diskussion über den Einsatz von Raumluftreinigungsgeräten begonnen. Viele Hersteller preisen Geräte mit den unterschiedlichsten Technologien an. Die Wirksamkeit dieser Geräte zur verlässlichen Reduzierung der SARS-CoV-2 Viren in der Raumluft kann meist nicht eindeutig nachgewiesen werden, in einigen Fällen werden sogar gefährliche Stoffe (z. B. Ozon, Stickoxide) erzeugt und in den Raum abgegeben.

 

Die notwendige Außenluftzufuhr durch Lüften (Fensterlüftung oder raumlufttechnische Anlagen) kann durch Raumluftreinigungsgeräte nicht ersetzt werden. Unter bestimmten Bedingungen (z. B. wenn ein Öffnen der Fenster in kurzen Abständen nicht möglich oder praktikabel ist) kann jedoch ein Einsatz solcher Geräte ergänzend zum Lüften sinnvoll sein.

 

Die Grundlage für einen sinnvollen Einsatz sind folgende Überlegungen, die vor der Anschaffung eines Luftreinigungsgerätes berücksichtigt werden sollten:

Auswahl des Gerätes: Worin unterscheiden sich die verwendeten Technologien?

Ein Luftreiniger (im Sinne dieses Beitrages) ist ein Gerät, mit dem Raumluft angesaugt, behandelt (z. B. gefiltert, bestrahlt, usw.) und wieder in den Raum zurückgeführt wird. Dazu werden verschiedenste Verfahren und Technologien angeboten:

  1. Filtergeräte mit Hochleistungsschwebstofffiltern (HEPA-Filter) oder Hochleistungs-Partikelfilter (EPA-Filter)
  2. Geräte mit Inaktivierung der Viren durch UV-C-Technik
  3. Luftbehandlung mit Ozon
  4. Kombination der oberen Verfahren

Die Luftreinigung mit Schwebstofffiltern oder Partikelfiltern zur Entfernung von Partikeln (1) ist ein bewährtes Verfahren. Die Raumluft wird mit einem Ventilator angesaugt und strömt über die mechanischen Filter, wobei virenbeladene Partikel zurückgehalten werden. Um den Hauptfilter (H13 oder H14 nach ÖNORM EN 1822-1) zu schonen, sind in der Regel Vorfilter angeordnet (z. B. ISO ePM1 80% nach ÖNORM EN ISO 16890). Da sich durch die verwendeten hohen Filterklassen (z.B. H14) relativ hohe Druckverluste im Gerät ergeben, sind entsprechend hohe Ventilatorleistungen notwendig. Das führt jedoch nicht nur zu einem hohen Stromverbrauch, sondern auch zu höheren Schallemissionen. Aus technischer Sicht ist die Filtration eine einfache und wirksame Methode, um Partikel – und somit auch Viren – aus der Luft zu filtern.

 

Luftreiniger auf Basis der UV-C-Technik (2) haben einen komplett anderen Wirkungsmechanismus als Filtergeräte. Zwar wird die Raumluft genauso wie bei Filtergeräten durch das Gerät transportiert, im Geräteinneren wird jedoch UV-C-Licht erzeugt. UV-C-Strahlung ist grundsätzlich in der Lage, Bakterien und Viren abzutöten – sofern die Strahlungsdosis hoch genug ist. Wird diese Strahlungsdosis nicht erreicht (z. B. weil die Luft nicht ausreichend lang im Gerät bestrahlt wird), können nicht genug Viren inaktiviert werden. Da mit diesen Geräten die Luft nicht gefiltert wird (es erfolgt keine Aerosolverringerung bzw. Reduktion von partikelförmigen Luftschadstoffen!), müssen die eingebauten Ventilatoren keine Filterwiderstände überwinden, wodurch die Geräte oft leiser sind als Filtergeräte. Weiters muss durch den Hersteller sichergestellt sein, dass die eingebauten UV-C-Leuchten kein Ozon erzeugen.

 

Ozongeneratoren bzw. Ozongeräte werden oft mit Luftreinigern gleichgesetzt, und im Zuge der Pandemie intensiv beworben. Eine Luftbehandlung mit Ozon (3) ist jedoch keine Luftreinigung. Ozongeneratoren bzw. -Geräte erzeugen durch verschiedenste technische Verfahren aus dem Sauerstoff der Raumluft (O2) Ozon (O3) und vielfach auch weitere giftige Luftschadstoffe (z. B. Stickoxide). Dieses Ozon wird (laut Herstellerangaben in „geringen“ Mengen) in den Raum abgegeben und wirkt dort oxidierend. Ozon ist ein starkes und giftiges Oxidationsmittel (mit begründetem Verdacht auf Kanzerogenität), das beim Menschen zu Reizungen der Atemwege und der Augen sowie zu einer Begünstigung von Atemwegserkrankungen führen kann. Zudem reagiert Ozon mit allen in der Raumluft vorhandenen Stoffen, wodurch auch neue, unerwünschte und gesundheitsgefährdende Stoffe entstehen können. Ozon erfüllt in der Stratosphäre, wo es die Erde vor schädigender Strahlung schützt, eine unverzichtbare Funktion – in der Atemluft bzw. in der Raumluft von Innenräumen sollte jedoch möglichst wenig bis gar kein Ozon vorhanden sein.

 

Nachweis der Wirksamkeit

Wenn es um die Wirksamkeit von Luftreinigern geht, wird vielfach versucht potenzielle Kunden mit aus technischer Sicht wenig aussagekräftigen Angaben, Zahlen und Begriffen zum Kauf zu überzeugen. Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass keine europäische Prüfnorm für Luftreiniger vorhanden ist und transparente, einheitliche Standards zur Überprüfung der Wirksamkeit von Luftreinigern fehlen. So wird z. B. bei Filtergeräten häufig die Bezeichnung HEPA verwendet, was vermuten lässt, dass es sich dabei um Hochleistungsschwebstofffilter nach ÖNORM EN 1822-1 handelt. „HEPA“ ist jedoch kein geschützter Begriff und wenn der Schriftzug HEPA ohne den Bezug zur Norm verwendet wird, kann dieser alles Mögliche bedeuten. Ebenso kann man anhand einer Filterklassifizierung nicht auf die Gesamtwirkung eines Gerätes schließen – auch hier können potenzielle Kunden leicht irregeführt werden. Wer sich selbst nicht umfassend mit dem jeweiligen Gerät auseinandersetzen möchte, sollte sich auf jeden Fall vor Anschaffung des Gerätes eine unabhängige fachliche Unterstützung einholen.

 

Der Raumluftreiniger muss zur Raumgröße passen

Luftreiniger reinigen zu jedem Zeitpunkt nur einen Bruchteil der Raumluft. Der effizienteste Raumluftreiniger ist wirkungslos, wenn der Volumenstrom über den Raumluftreiniger im Verhältnis zum Raumvolumen (= „Umsatzrate“) zu gering ist. Nur ausreichend hohe Luftumwälzungen mit gefilterter Luft minimieren nachweislich das Infektionsrisiko. Die benötigte Gerätegröße muss immer abhängig von Raumvolumen, Anwendungsfall, Anzahl der Personen im Raum und dem vorhandenen Lüftungskonzept ermittelt werden. Vereinfacht kann auch die Umsatzrate des Raumvolumens herangezogen werden. Experten gehen davon aus, dass eine mindestens 4- bis 6-fache Umsatzrate benötigt wird, um die Partikelkonzentration im Raum wirksam zu reduzieren. Das bedeutet, dass die gesamte Raumluft vier- bis sechsmal pro Stunde durch das Gerät strömt. Untersuchungen haben gezeigt, dass Luftfiltergeräte mit einer ca. 5-fachen Umsatzrate die Partikel im Raum nach einer halben Stunde um ca. 50 %, nach 90 Minuten um ca. 90 % reduzieren können. Bei Räumen mit hoher Personendichte und / oder hoher körperlicher Aktivität sind entsprechend höhere Umsatzraten notwendig.

 

Der Aufstellungsort muss geeignet sein – Luftreiniger wirken nur punktuell

Bei den meisten Geräten ist der Abstand von Lufteinlass und Luftauslass in der Regel gering, weshalb die Luftumwälzung auch nur in einem begrenzten Bereich erfolgt. D. h., die volle Wirkung erstreckt sich nicht auf den gesamten Raum. Es gibt jedoch verschiedene Maßnahmen, um diese Nachteile zu reduzieren, wie z. B.:

  • Geräte mit höheren Luftvolumenströmen bzw. höherer Geräteleistung (und damit höherer Umsatzrate) einsetzen.
  • strömungstechnische Hindernisse im Raum beseitigen, sodass eine gute Raumdurchmischung stattfinden kann.
  • mehrere Geräte im Raum verteilen.

Um eine gleichmäßige Raumluftverteilung zu erreichen, sollte bei der Positionierung von Luftreinigern im Raum beachtet werden, dass diese die Raumluft frei ansaugen und die gereinigte Luft wieder frei in den Raum zurückblasen können.

 

Lärmentwicklung: Wie laut darf es sein?

Raumluftreiniger werden erfahrungsgemäß nur dann genutzt, wenn dabei ein ungestörtes Arbeiten möglich ist. Viele Geräte sind aber schon aufgrund ihrer Geräuschemissionen für den Einsatz in bestimmten Anwendungsbereichen (Büro, Besprechungsraum, Klassenzimmer, usw.) ungeeignet. Nicht alle Hersteller machen ausreichende Angaben zur Geräuschemission ihres Gerätes. Für aussagekräftige Informationen, bzw. um Geräte vergleichen zu können, sollte der Schallleistungspegel (LWA) herangezogen werden, da dieser unabhängig von den örtlichen und räumlichen Einflüssen ist. Emissionskennwerte sind immer luftmengenabhängig und variieren stark, je nach Leistungsstufe des Gerätes. Für bestimmte Räume sind gemäß § 5 VOLV (Verordnung Lärm und Vibrationen) Grenzwerte festgelegt. Beispielsweise darf in Büros der Beurteilungspegel von 65 dB(A) nicht überschritten werden.

 

Organisatorische Anforderungen – Zuständigkeiten und Wartung

Damit Raumluftreiniger dauerhaft ihre Funktion erfüllen können, muss die laufende Wartung gewährleistet sein. Empfehlenswert ist daher, die Zuständigkeit einer Person zu übertragen. Der Umfang bzw. der Aufwand für die Wartung kann je nach Gerätetyp stark variieren:

  • Bei Filtergeräten müssen sowohl Vorfilter als auch der HEPA-Filter regelmäßig getauscht werden. Je nach Nutzung sprechen Hersteller davon, dass spätestens nach zwei Jahren der HEPA-Filter getauscht werden muss. Die kostengünstigeren Vorfilter sind üblicherweise in einem entsprechend kürzeren Intervall zu tauschen.
  • Der Wartungsaufwand für UV-C-Luftreiniger ist vergleichsweise geringer und umfasst in der Regel lediglich einen Leuchtentausch. Die Lebensdauer einer solchen Leuchte liegt Geräteherstellern zufolge bei > 8.000 Stunden.

Was können Luftreiniger nicht erfüllen?

Unter bestimmten Bedingungen kann der Einsatz von Luftreinigern sinnvoll sein, es gibt jedoch einige Anforderungen, die diese Geräte nicht erfüllen können:

  • Luftreiniger können Übertragungen im Nahbereich (Tröpfchenbereich unter 2 m) nicht verhindern, selbst wenn sie die Zahl der Aerosole und Viren in der Raumluft wirkungsvoll reduzieren.
  • Gegen mit Tröpfchen kontaminierte Oberflächen hilft weder ein Luftreiniger noch Lüften, sondern nur ein geeignetes Flächendesinfektionsmittel.
  • Da Luftreiniger dem Raum keine Außenluft zuführen, senken sie auch nicht die CO2-Konzentration oder andere (gasförmige) Schadstoffe.

 

Welche Aufgaben können Luftreiniger nach der SARS-CoV-2 Pandemie übernehmen?

Filtergeräte sind nicht nur in der Lage, virenbehaftete Aerosolpartikel und Bakterien aus der Raumluft auszufiltern, sondern auch gesundheitsschädliche Feinstaubpartikel oder Sporen. D. h. auch nach der Pandemie können diese Geräte Bakterien, freie Allergene, gesundheitsschädliche Mikroorganismen, Pollen, Feinstaubpartikel, Grippeviren usw. aus der Raumluft herausfiltern.

 

Zusammenfassung der wichtigsten Empfehlungen

  • Raumluftreiniger können nur als ergänzende präventive Infektionsschutzmaßnahme vor SARS-CoV-2 sinnvoll sein.
  • Die notwendige Frischluftzufuhr (Luftaustausch) kann damit nicht ersetzt werden.
  • Da es keine (Prüf-)Standards gibt, kann die Geräteauswahl herausfordernd sein. Hier sollten Hersteller bevorzugt werden, die auch eine Fachberatung anbieten.
  • Bei der Auswahl sollten bewährte Systeme (z. B. Filtersysteme mit Schwebstofffiltern) bevorzugt werden.
  • Systeme, durch die Schadstoffe produziert werden, dürfen nicht eingesetzt werden.
  • Die Reinigungsleistung des Gerätes muss zur Raumgröße und zur Personenzahl passen.
  • Eine hilfreiche Unterstützung bei der Auswahl von Geräten bietet das VDMA-Hersteller- und Lieferverzeichnis. Dieses informiert über Luftreiniger, die mit Schwebstofffiltern oder UV-Bestrahlung, beziehungsweise einer Kombination beider Varianten ausgestattet sind.

Die AUVA-Präventionsexpertinnen und -experten aus den Fachbereichen Lüftungstechnik und Arbeitsmedizin unterstützen Sie gerne bei:

  • Auswahl und Beurteilung von Luftreinigungsgeräten am Arbeitsplatz
  • Beurteilung von Lüftungssituationen vor Ort im Betrieb. (Welche Lüftungstechnik ist installiert? Welche schnellen und kostengünstigen Maßnahmen bzgl. SARS-CoV-2 sind umsetzbar?)
  • allen weiteren Fragen bzgl. Lüftungstechnik, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz.

Bei Fragen zum Thema kontaktieren Sie uns unter sichereswissen@auva.at

(Beitrag erschienen am 03.02.2021)